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Gesetz über die landeseigenen und nichtlandeseigenen Friedhöfe Berlins (Friedhofsgesetz)
– Auszug –

Vom 1. November 1995

(GVBl. S. 707)

Das Abgeordnetenhaus hat das folgende Gesetz beschlossen:
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Erster Abschnitt
Allgemeine Vorschriften

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§ 1
Geltungsbereich

Die Vorschriften dieses Gesetzes gelten für die landeseigenen und nichtlandeseigenen Friedhöfe (öffentliche Friedhöfe) Berlins.
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§ 2
Zweckbestimmung

( 1 ) Die würdige Bestattung von verstorbenen Personen ist eine öffentliche Aufgabe, die auf öffentlichen Friedhöfen wahrgenommen wird. Öffentliche Friedhöfe stellen kulturelle Einrichtungen dar, welche die Ehrung der Toten und die Pflege des Andenkens ermöglichen.
( 2 ) Auf landeseigenen Friedhöfen wird unabhängig von Konfession und Weltanschauung bestattet. Friedhofsträger ist das Land Berlin. Die Ausübung religiöser und weltanschaulicher Gebräuche bei Bestattungen und Totengedenkfeiern im Rahmen der Friedhofsordnung wird gewährleistet.
( 3 ) Nichtlandeseigene Friedhöfe sind Friedhöfe, die der Bestattung der Mitglieder von Kirchen, Religionsgesellschaften oder Weltanschauungsgemeinschaften entsprechend der jeweiligen Friedhofsordnung dienen. Träger von nichtlandeseigenen Friedhöfen können Körperschaften des öffentlichen Rechts und gemäß § 3 Abs. 2 beliehene Religionsgesellschaften oder Weltanschauungsgemeinschaften sein, denen die Verwaltung und Organisation eines Friedhofs oder Friedhofsteils gemäß § 3 Abs. 3 übertragen wurde. Die Bestattung von Verstorbenen, die nicht der jeweiligen Konfession oder Weltanschauungsgemeinschaft angehören, liegt im Ermessen des jeweiligen Friedhofsträgers und darf bei Vorliegen von zwingenden Gründen des öffentlichen Interesses nicht verweigert werden, soweit es die religiösen Ordnungen der jeweiligen Religionsgesellschaften zulassen.
( 4 ) Friedhöfe sind Grünanlagen mit besonderer Zweckbestimmung. Sie sind Teil des städtischen Grüns und haben darüber hinaus vor allem in innerstädtischen Lagen Bedeutung für die ruhige und besinnliche Erholung der Bevölkerung.
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§ 3
Genehmigungserfordernis und Zuständigkeiten

( 1 ) Friedhöfe dürfen nur mit Genehmigung der für das Friedhofswesen zuständigen Senatsverwaltung angelegt oder erweitert werden. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn das Vorhaben den Bestimmungen nach § 5 oder sonstigen Rechtsvorschriften widerspricht. Widmung, Schließung und Aufhebung obliegen dem Friedhofsträger und dürfen erst nach Herbeiführung des Einvernehmens mit der für das Friedhofswesen zuständigen Senatsverwaltung erfolgen. Das Einvernehmen zur Schließung darf ohne zwingende Gründe des öffentlichen Interesses nicht verweigert werden. In den Fällen der Anlegung, Erweiterung und Aufhebung ist außerdem das Einvernehmen der für das Gesundheitswesen zuständigen Senatsverwaltung erforderlich.
( 2 ) Gemeinnützige Religionsgesellschaften, die nicht als Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannt sind, können von der für das Friedhofswesen zuständigen Senatsverwaltung widerruflich mit dem hoheitlichen Bestattungsrecht beliehen werden, wenn sie in der Lage sind, den sachlichen und ideellen Bedarf sowie das langfristige wirtschaftliche Leistungsvermögen nachzuweisen. Gleiches gilt für gemeinnützige Weltanschauungsgemeinschaften.
( 3 ) Die Friedhofsverwaltung und die Friedhofsorganisation obliegen dem jeweiligen Friedhofsträger. Der Friedhofsträger kann unter der Voraussetzung, dass er auch Eigentümer des Friedhofsgrundstücks ist, einer beliehenen Religionsgesellschaft oder Weltanschauungsgemeinschaft im Sinne des Absatz 2 die Verwaltung und Organisation eines Friedhofs oder Friedhofsteils durch Vertrag übertragen. In diesem Fall geht die Zuständigkeit dafür auf die jeweilige Gemeinschaft über. Die Eigentumsverhältnisse am Friedhofsgrundstück bleiben unberührt.
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§ 4
Verkehrssicherungspflicht

( 1 ) Der Friedhofsträger haftet für den verkehrssicheren Zustand des Friedhofs und seiner Anlagen. Für die Verkehrssicherheit einer Grabstätte, an der ein Nutzungsrecht vergeben wurde, hat der jeweilige Nutzungsberechtigte Sorge zu tragen.
( 2 ) Die Verkehrssicherungspflicht auf landeseigenen Friedhöfen wird als öffentlich-rechtliche Pflicht wahrgenommen. Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt.
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Zweiter Abschnitt
Planung, Anlegung, Erweiterung, Schließung und Aufhebung von Friedhöfen

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§ 5
Allgemeine Bestimmungen

( 1 ) Friedhöfe sind so zu gestalten und zu unterhalten, dass sie dem Anspruch an Ruhe und Würde eines Friedhofs entsprechen und historische Strukturen gewahrt werden.
( 2 ) Bei Planung, Anlegung, Erweiterung, Schließung sowie Aufhebung von Friedhöfen und Friedhofsteilen sind
  1. die Friedhofsentwicklungsplanung,
  2. die Bauleitplanung und
  3. die Landschaftsplanung
zu beachten.
( 3 ) Friedhöfe müssen den Anforderungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, insbesondere denen der Gesundheit, entsprechen. Die Eignung der Bodenbeschaffenheit und der Grundwasserverhältnisse ist nachzuweisen.
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§ 6
Friedhofsentwicklungsplan

Die für das Friedhofswesen zuständige Senatsverwaltung stellt unter Beteiligung der Friedhofsträger und der für Angelegenheiten der Religionsgesellschaften und Weltanschauungsgemeinschaften zuständigen Senatsverwaltung einen Friedhofsentwicklungsplan auf, der die vorhandene Versorgung mit Friedhofsflächen feststellt sowie die angestrebte, wohngebietsbezogene Versorgung und die notwendigen Entwicklungsmaßnahmen nach ihrer Dringlichkeit darlegt. Der Friedhofsentwicklungsplan enthält die nach Schließung und Aufhebung beabsichtigte folgende Nutzung, wobei grundsätzlich die Folgenutzung als Grünfläche vorzusehen ist. Eine spätere bauliche oder sonstige, mit der ehemaligen Friedhofsnutzung nicht harmonierende Nutzung ist aus Gründen der Pietät grundsätzlich nicht zulässig. Eine andere Folgenutzung kann nur aus zwingendem öffentlichen Interesse und nach besonders eingehender Prüfung zugelassen werden. Der Plan wird vom Senat beschlossen und ist dem Abgeordnetenhaus zur Kenntnis zu geben. Er ist nach Bedarf zu aktualisieren.
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§ 7
Schließung und Aufhebung

( 1 ) Ein Friedhof oder Friedhofsteil kann aus städtebaulichen, wirtschaftlichen oder anderen zwingenden Gründen des öffentlichen Interesses für weitere Bestattungen gesperrt werden (Schließung). Dieses gilt auch für einzelne Bestattungs- und Grabstättenarten. Als Ersatz für die Nutzungsrechte, die bis zum Zeitpunkt der Schließung nicht ausgeübt worden sind, werden auf Antrag des jeweiligen Nutzungsberechtigten Nutzungsrechte auf einem anderen Friedhof oder Friedhofsteil eingeräumt oder eine Rückzahlung der auf die restliche Laufzeit entfallenden Gebühren geleistet. Die Schließung eines Friedhofs oder Friedhofsteils ist öffentlich bekannt zu machen.
( 2 ) Soll ein Friedhof nach der Schließung einer anderen Nutzung zugeführt werden (Aufhebung), so ist eine Frist von 30 Jahren nach der letzten Bestattung einzuhalten. Ein Friedhof oder Friedhofsteil darf nicht aufgehoben werden, wenn aus religiösen Gründen ein dauerndes Ruherecht gewährt worden ist. Die Aufhebung eines Friedhofs oder Friedhofsteils ist öffentlich bekannt zu machen.
( 3 ) Abweichend von Absatz 2 Satz 1 kann ein Friedhof oder Friedhofsteil vor Ablauf von 30 Jahren nach der letzten Bestattung mit Zustimmung des Senats aufgehoben werden, wenn zwingende Gründe des öffentlichen Interesses es erfordern und religiöse Überzeugungen nicht entgegenstehen. Den Nutzungsberechtigten sind für die restliche Dauer der Nutzungsrechte entsprechende Rechte auf einem anderen Friedhofsteil oder einem anderen Friedhof einzuräumen. Die Verstorbenen sind in diesem Fall in die neuen Grabstätten umzubetten. Durch die Umbettungen, das Umsetzen der Grabmäler und das Herrichten der neuen Grabstätten dürfen den Nutzungsberechtigten keine Kosten entstehen.
( 4 ) Eine geringfügige Inanspruchnahme eines Friedhofsteils aus zwingenden Gründen des Gemeinwohls für andere Zwecke bedarf der Zustimmung der für das Friedhofswesen zuständigen Senatsverwaltung, soweit sie Umbettungen erforderlich macht. Absatz 3 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.
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Dritter Abschnitt
Umwelt- und Naturschutz

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§ 8
Allgemeine Anforderungen

Die bei der Anlegung, Gestaltung, Nutzung und Unterhaltung Beteiligten haben den Anforderungen des Umwelt- und Naturschutzes Rechnung zu tragen.
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§ 16
Friedhofsgebührenordnungen

( 1 ) Die Friedhofsträger sind berechtigt, für die Benutzung ihrer Friedhöfe und Einrichtungen sowie für einzelne Leistungen der Friedhofsverwaltungen auf Grundlage einer Friedhofsgebührenordnung Gebühren zu erheben.
( 2 ) Für die Benutzung der landeseigenen Friedhöfe und ihrer Einrichtungen sowie für einzelne Leistungen ihrer Friedhofsverwaltungen werden Gebühren aufgrund des Gesetzes über Gebühren und Beiträge vom 22. Mai 1957 (GVBl. S. 516), zuletzt geändert durch Gesetz vom 30. Oktober 1969 (GVBl. S. 2252), in der jeweils gültigen Fassung erhoben.
( 3 ) Die Gebühren für die Benutzung landeseigener und nichtlandeseigener Friedhöfe sollen nicht übermäßig voneinander abweichen. Die Gebührenordnungen nach Absatz 1 sind der für das Friedhofswesen zuständigen Senatsverwaltung zur Kenntnis zu geben.